Unsichere Zeiten am Goldenen Steig

Man schreibt das Jahr des Herrn 1745.

Vor fünf Jahren hat die Habsburgerin Maria Theresia den Thron ihres verstorbenen Vaters, des Kaisers Karl VI. bestiegen; die Fürsten von Bayern, Spanien und Sachsen beanspruchen diesen für sich. Friedrich II. von Preußen hat die Gunst der Stunde genutzt und ist in das österreichische Schlesien einmarschiert. Seitdem tobt der Österreichische Erbfolgekrieg, die Fürsten Europas mischen mit.

 

Das habsburgische Böhmen mit seiner Grenzlage zu Schlesien hat nichts zu lachen- zwar hat man den „alten Fritz“ abgewehrt, doch streichen immer noch versprengte preußische Soldaten marodierend durchs Land.

Die habsburgischen Beamten, bestrebt Böhmen im Inneren zu festigen, führen ein strenges Regiment: Gottesfurcht und Furcht vor der „gottgewollten“ Obrigkeit werden mit rigiden Mitteln durchgesetzt.

Der „Goldene Steig“ der Säumerweg von Passau nach Prachatitz, ist einer der wichtigsten Handelswege in das böhmische Kernland, umso mehr als die Wege über Linz nach Budweis derzeit unsicher sind.

 

Die grausige Mordtat

Ein Gerichtsprotokoll, ein amtlicher Steckbrief und eine Votivtafel bilden die Grundlage für eine Publikation von Paul Praxl aus dem Jahr 2007. Sie dokumentierten ausführlich einen brutalen, nie ganz aufgeklärten Raubüberfall aus dem Jahre 1745:

 

Am Morgen des 16.Juli 1745 hatte sich in der 19 jährige Victorin Stögbauer, ein Gerbergeselle aus Prachatitz, auf Wanderschaft begeben. Ein Freund, der noch unverheiratete Prachatitzer Bäckermeister Adalbert Tantzinger wollte ihn eine Tagesreise begleiten und, wie es der Brauch ist, sein „Päckel“ tragen.

An der Brücke über die ‚Warme Moldau’ schlossen sich ihnen drei „Kherls“ an, gerüstet mit „großen lang und sehr dickhen Stecken“ die sich als preußische Deserteure ausgaben.

Was sich kurz danach in dem anschließenden Waldstück ereignete, hat Victorin Stögbauer in seiner amtlichen Aussage zwei Tage nach dem Überfall in erschreckender Ausführlichkeit beschrieben.

Er berichtet, wie er niedergeschlagen, in den Hals getreten, über eine Böschung geworfen und ihm in den Magen gesprungen wird, wie nicht von ihm abgelassen wird, bis sich die Mörder seines Todes sicher wähnen.

Während sie mit seinem sterbenden Kameraden beschäftigt sind, betet er zur heiligen Mutter Gottes von Gojau. Der Bächermeister erliegt seinen Verletzungen noch am Ort, Victorin Stögbauer kann sich durch den Wald bis zur nächsten Hütte schleppen, wo ihm Hilfe zuteil wird.

Zwei Tage später gibt er in einem „Examen“ der Gerichtskommission zu Wallern seinen Bericht, die Mörder wurden aber nie gefasst.

Die geraubte Beute bestand hauptsächlich aus (in jener Zeit kostbarer) Kleidung: ein brauner und ein blauer Rock, zwei Hosen, vier Hemden, drei Halsbinden, zwei Paar Stürmpfe und ein Paar Schuhe.

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© Susanne Kubiak